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Erzieher dringend gesucht: Nach Ansicht der Kommunen dürfte es schwierig werden, die dritte Kraft im Kindergarten einzuführen.Foto: Jan-Philipp Strobel/dpa

Ist die dritte Kraft in Kitas nur ein leeres Versprechen?

Hannover. Der Plan der großen Koalition, ab 2023 auch in Kindergärten verpflichtend die dritte Kraft in den Gruppen einzuführen, stößt bei den Kommunen auf große Skepsis. Lob dagegen kommt von Verdi. Woher sollen die notwendigen Fachkräfte kommen? Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes ist es schon jetzt problematisch bis nahezu unmöglich, den regulären Betrieb mit zwei Betreuern sicherzustellen. „Uns fehlen Fachkräfte in den Kindertagesstätten“, erklärt Sprecher Thorsten Bullerdiek gegenüber der HAZ. „Wir brauchen aber Hilfe und keine Versprechen des Landes, die wir vor Ort auch einlösen müssen.“ Mehr Qualität sei wünschenswert, aber wenn die Fachkräfte fehlten, müsse man erst mal auf dem derzeitigen Stand in Ruhe verlässlich arbeiten.


Derzeit betreuen in der Regel zwei Fachkräfte 25 Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren in einer Gruppe. Geplant ist zunächst, mit einer halben dritten Kraft pro Gruppe zu starten. Alle Kita-Gruppen mit drei Vollzeitkräften auszustatten dürfte das Land jährlich rund 200 Millionen Euro kosten.

Schon jetzt können Einrichtungen mit Förderung von Land und Bund eine dritte Kraft einstellen, allerdings läuft dieses Programm Ende 2022 aus. Wenn die Stellen nicht nur befristet, sondern dauerhaft finanziert werden, steigt nach Ansicht von SPD-Bildungsexperte Stefan Politze vermutlich aber auch das Interesse der Bewerber. Er verweist darauf, dass sich die meisten Erzieher derzeit lieber für einen Job in einer Krippe als in einem Kindergarten entscheiden. In den Gruppen für die Ein- bis Dreijährigen ist die dritte Kraft schon ab diesem Sommer Pflicht.

Eltern als Krankheitsvertretung?

Ingrid Kröger, Leiterin des Fachbereichs Kita bei der Arbeiterwohlfahrt in Hannover, sagt, in den Krippen habe man die Stellen für die Drittkräfte bislang gut besetzen können, aber allmählich werde es auf dem Bewerbermarkt leerer.


Für Julia Willie Hamburg (Grüne) ist die dritte Kraft in Kitas überfällig, die Debatte um eine Verbesserung erst ab 2023 sei aber ein Taschenspielertrick, es würden Versprechen gemacht, die dann andere zahlen sollten. Björn Försterling (FDP) meint: „Es wird in dieser Legislaturperiode keine Verbesserung in der Kita-Qualität mehr geben.“ Die dritte Kraft ab 2023 einzuführen, aber ab sofort Eltern als Krankenvertretung einzusetzen, zeige, wie groß die Not sei.


Die Reaktionen der Städte reichen von „kaum realisierbar“, wie Laatzens Bürgermeister Jürgen Köhne sagt, „höchst unrealistisch“ (Celle) bis zu „ein ambitioniertes Projekt“, das aus pädagogischer Sicht aber ausdrücklich zu begrüßen sei, wie es die Stadt Hannover ausdrückt. Adrian Foitzik, Sprecher der Stadt Braunschweig, sagt, man befinde sich quasi in einem permanenten Stellenbesetzungsverfahren in Krippen und Kindergärten, bislang klappe das ganz gut. Aber ein weiterer Ausbau dürfte angesichts des Fachkräftemangels schwierig
werden. Um die dritte Kraft im Kindergarten sicherzustellen, sei ein Mehrbedarf von rund 100 Stellen nötig.


„Lieber kleinere Gruppen“

Bei der Stadt Langenhagen (Region Hannover) heißt es, in den meisten Krippen habe man bereits eine dritte Kraft. Ob es ab 2023 genügend Erzieher geben werde, sei noch nicht abzusehen. Die Stadt Celle verweist darauf, dass durch die Flexibilisierung des Einschulungsalters den Kommunen ohnehin viele Kita-Plätze verloren gegangen seien. Wenn per Gesetz drei Betreuer anwesend sein müssten, seien auch noch Springerkräfte nötig, die im Krankheitsfall aushelfen. Besser sei es, die Gruppen kleiner zu machen, auf maximal 20 Kinder, anstatt mehr Betreuer einzusetzen.


Politze sagt, die Einführung der Drittkraft sei das eine, wichtig sei es aber auch, die Erzieher länger im Job zu halten. Bislang geben
Erzieher im Schnitt nach fünf bis sieben Jahren ihre Tätigkeit wieder auf und orientieren sich beruflich um, 20 oder 30 Jahre bleiben nur wenige im Dienst.

Quelle: HAZ, Saskia Döhner

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